Die etwas andere liberale Stimme aus der Hansestadt Lübeck

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Verkehrschaos „Mitten in Lübeck“ – Produkt des Bürgerwillens?

In Allgemein on 29. Juli 2010 at 09:41

Heute berichten die „Lübecker Nachrichten“ von einem „Verkehrschaos in der City“. Ausgelöst wurde dieses durch die Umwandlung der Schmiedestraße in eine Sackgasse. Dankenswerterweise erinnerte sich die Zeitung auch daran, dass die FDP als einzige Bürgerschaftspartei die geplante Verkehrsführung kritisiert hatte. „Ex-Fraktionschef  Thomas Schalies“ habe „schon im April“ vor einem Dauerchaos gewarnt – hier irren die LN. Tatsächlich hatte ich für die FDP-Fraktion schon viel früher die Verkehrspläne kritisiert, nämlich u.a. Mitte Februar und Anfang Mai 2009, was freilich eigentlich auch schon viel zu spät war, wie ich durchaus selbstkritisch anmerken muss. Immerhin reichte auch diese späte Ablehnung der Sackgassen-Lösung für die Schmiedestraße noch zum Alleinstellungsmerkmal für die FDP. Keine andere Bürgerschaftsfraktion traute sich, den sich anbahnenden und eigentlich für jeden halbwegs normal Denkenden leicht erkennbaren Unfug auch deutlich so zu benennen. Selbst manche „Parteifreunde“ zauderten. Ein maßgeblicher Grund hierfür war der Umstand, dass von den klammheimlichen Anhängern einer – unter diesem Begriff nicht mehrheitsfähigen – „autofreien Innenstadt“ sehr geschickt immer wieder betont worden war, dass die „Kappung“ der bisherigen Verkehrsachse Schmiedestraße – Pferdemarkt ja nicht ihre Idee, sondern ausdrücklicher Wunsch der Bürgerinnen und Bürger gewesen sei. Und gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aufzubegehren, scheut sich natürlich jede Partei, will sie doch irgendwann wiedergewählt werden (gerade die Lübecker CDU kann hiervon ein Lied singen, nachdem sie bei der letzten Kommunalwahl wegen ihrer starrsinnigen Schulpolitik böse abgestraft wurde)!

Aber haben hier die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt tatsächlich entschieden, wie insbesondere die rot-rot-grünen Verfechter der Neuregelung immer behaupten? Tatsächlich entsprang der Vorschlag der sog. „Perspektivenwerkstatt“ für das Projekt „Mitten in Lübeck“. Wobei der Begriff „Werkstatt“ an sich schon irreführend ist, da man hierunter landläufig doch eher einen Hort mit einem geschlossenen Kreis von dort tätigen Fachleuten versteht, die sich zur Aufgabe gemacht haben, handwerklich geprägte Produkte herzustellen oder Wartungen und Instandsetzungen vorzunehmen. Oder würden Sie Ihr defektes Auto einer „Werkstatt“ anvertrauen, in der sich eher wahllos und zufällig Personen unterschiedlicher Herkunft und Profession zusammenfinden, die dann mehrheitlich darüber entscheiden, ob die Bremsbeläge Ihres Autos es noch tun oder sie vielleicht doch besser geölt oder – noch besser – erneuert werden sollten?

Ganz ähnlich verhielt es sich aber bei der sog. „Perspektivenwerkstatt“, die praktisch allen Bürgerinnen und Bürgern zur Mitarbeit offenstand. Das an sich ist ja im Sinne einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung mehr als löblich und begrüßenswert. Gefährlich wurde die Sache allerdings in dem Moment, als die Verkehrsplaner der Stadt (von denen manch’ einer bereits unter Alt-Bürgermeister Bouteiller treu gedient hat) anfingen, die dortigen Meinungsäußerungen als Wünsche „der“ Lübecker zu deklarieren – obwohl doch tatsächlich nach amtlichen Angaben „nur“ über 500 Menschen in der „Werkstatt“ mitgearbeitet hatten – einschließlich „Verbandsvertretern und Fachplanern bis hin zu hochrangigen Politikern“, wie die amtliche Ergebniszusammenfassung der Stadt betont. Mögen die dortigen Teilnehmer/innen auch noch so engagiert gewesen sein, aber repräsentieren sie tatsächlich die Mehrheit der fast 176.000 wahlberechtigten Lübeckerinnen und Lübecker? Die Frage ist natürlich rein rhetorisch, denn für eine derartige Annahme gibt es auch nicht den Hauch eines Beleges.

Das Beispiel „Schmiedestraße“ (und ähnlich auch das der erfolgten Teilsperrung der Friedenstraße) zeigt, dass sich (Kommunal-) Politiker auf einem verhängnisvollen Irrweg befinden, wenn sie glauben, einem von vielen als solchen erkannten Unfug nicht entgegenzutreten können, weil (einzelne) Bürger oder Interessengruppen, ggf. unterstützt durch die Verwaltung und besonders lautstarker Ideologen einzelner Parteien, für sich reklamieren, die Mehrheit zu repräsentieren. Gerade in derartigen Fällen ist politisches Rückgrat besonders gefragt!

Ich bin sehr gespannt, ob sich bis zur nächsten Kommunalwahl derartiges Rückgrat noch in der Bürgerschaft herauskristallisiert – oder ob es geboten erscheint, durch Gründung einer neuen Wählergemeinschaft „frischen Wind“ in verkrustete Stukturen zu bringen!

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Wer stoppt Kubicki?

In Allgemein on 23. Juli 2010 at 12:13

Als Mitglied und ehemaliger Funktionsträger der FDP in Lübeck kann ich mich derzeit nur noch für meine Partei schämen.
Erst beteiligt sich die FDP-Fraktion im Kieler Landtag unter Führung von Wolfgang Kubicki aktiv an dem Versuch, die Lübecker Uni „platt“ zu machen. Jetzt entdeckt der Fraktionsvorsitzende sein liberales Herz für Steuerhinterzieher, obwohl Rechtsgutachten und selbst der oberste Datenschützer des Landes den aktuell diskutierten Ankauf der Steuersünder-CD für rechtlich unbedenklich halten (http://www.ln-online.de/news/2823554).  Von der armseligen Schulpolitik, die der Vorsitzende der liberalen Regierungsfraktion maßgeblich mit zu verantworten hat, ganz zu schweigen.

Ich frage mich ernsthaft: Wer stoppt endlich Kubicki? Der Landtagsfraktion und dem Landesvorstand der FDP fehlt ganz offenbar die Kraft dazu.

Fraktionszwang – der Versuch einer Ehrenrettung!

In Allgemein on 21. Juli 2010 at 14:25

Gerade von Wählergemeinschaften wird häufig und gern betont, wie frei und unabhängig sie und ihre Mitglieder doch seien, ganz im Gegensatz zu den etablierten Parteien. Dementsprechend wird der unter jenen gescholtenen Parteien übliche sogenannte „Fraktionszwang“ als undemokratisch und „Feind der freien Mandatsausübung“ des frei gewählten Bürgerschaftsabgeordneten gegeißelt. Als Beispiel mögen die „Bürger für Lübeck“ dienen. Deren fehlendes Wahlprogramm machte diese (nach eigenem Bekunden) „unabhängige Wählervereinigung“ mit dem allgemein gehaltenen Versprechen wett, „jenseits von Partei-Ideologien dem ‘gesunden Menschenverstand’ wieder mehr Geltung in der Lübecker Bürgerschaft zu verschaffen“. „Mehr Sach- und Fachkunde“ werde „. direkt durch die Bürgerschafts-Kandidaten der BfL eingebracht“. Das – überaus ernüchternde – Ergebnis kennen wir mittlerweile. Aber darum soll es an dieser Stelle nicht gehen, sondern vielmehr darum, dass sich mehr und mehr herauskristallisiert hat, wie unterschiedlich die einzelnen Mitglieder der BfL-Bürgerschaftsfraktion den Begriff des „gesunden Menschenverstandes“ bei konkreten Sachthemen doch sehen und ausleben. Deshalb ist es fast schon eher die Regel als die Ausnahme, dass die BfL-Vertreter im Kommunalparlament zu einzelnen Tagesordnungspunkten höchst unterschiedlich abstimmen. Eine einheitliche, klare Linie, wofür denn die BfL als Vereinigung bei einzelnen Sachthemen steht, ist dadurch kaum erkennbar. Dieses „Abstimmungs-Tohuwabohu“ wird von BfL-Leuten dann auch noch gern als „Leben politischer Freiheit“ gepriesen (vgl. Stadtzeitungsbeitrag der BfL vom 10.11.2009).

Bei näherer Betrachtung stellt sich derlei „Freigeist“ allerdings häufig genug als schlichte Wähler(ent)täuschung dar. Schließlich haben alle Mitglieder der BfL-Fraktion ihre Mandate nur deshalb erhalten, weil sie sich auf dem Wahllistenvorschlag der BfL befunden haben. Wären die Fraktionsmitglieder als Einzelbewerber zur Kommunalwahl angetreten, säße wohl kein einziger von ihnen heute in der Bürgerschaft. Aus diesem Umstand leitet sich ein moralischer Anspruch der Wähler der BfL ab, dass die über die BfL-Liste gewählten Mandatsträger auch einheitlich im Sinne der Leitlinien dieser Wählergemeinschaft abstimmen.

Diese berechtigte Wählererwartung hat mit undemokratischer Zwangsausübung auf das einzelne Fraktionsmitglied rein gar nichts zu tun. Insofern ist der Begriff „Fraktionszwang“ falsch und irreführend (wenn er von mir trotzdem verwendet wird, dann nur, weil er sich fest eingebürgert hat). Eine Fraktion hat letztlich keinerlei „handfeste“ Mittel, um Druck auf einzelne Mitglieder im Sinne eines bestimmten Abstimmungsverhaltens auszuüben. Die Ausübung von „Fraktionszwang“ besteht im Ergebnis nur darin, den/die Abweichler von der Mehrheitsmeinung innerhalb der Fraktion durch „gute (manchmal auch deutlichere) Worte“ von dem Sinn zu überzeugen, mit der Fraktion zu stimmen, um das Bild der Geschlossenheit der Gesamt-Fraktion zu wahren. Ein derartiger Appell an das Zusammengehörigkeitsgefühl des potentiellen Abweichlers wird zudem i.d.R. erst erforderlich, wenn zuvor alle anderen Kompromissmöglichkeiten zur Gewinnung einer einheitlichen Linie erfolglos ausgelotet worden sind.

Die Ausübung eines „Fraktionszwangs“ in diesem Sinne beeinträchtigt das Bürgerschaftsmitglied mitnichten unzulässig in seinen „Abgeordneten“-Rechten (die Anführungsstriche sind deshalb angebracht, weil die Bürgerschaft als Kommunalvertretung kein Parlament im staatsrechtlichen Sinn und das dortige Mitglied folglich kein „Abgeordneter“ im eigentlichen Sinn ist). Diese sind durch die Gemeindeordnung geschützt (§ 32 Abs. 1: „Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter handeln in ihrer Tätigkeit nach ihrer freien, durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung.“). Vielmehr ist es geradezu gesetzliche Aufgabe einer (Bürgerschafts-)Fraktion bzw. deren Führung, auf eine einheitliche Meinung innerhalb der Fraktion hinzuwirken. Das folgt aus dem Begriff der Fraktion (§ 32 a GO S-H). In der (höchstrichterlichen) Rechtssprechung ist seit jeher anerkannt, dass es zum Wesen einer Fraktion gehört, die „Willensbildung und Entscheidungsfindung im Plenum“ (d.h., in der Bürgerschaft) „vorzuprägen, indem sie vor der Plenardebatte und –abstimmung in interner Meinungsbildung Willensblöcke bilden, die sie im Plenum möglichst geschlossen zur Geltung bringen“ (vgl. OVG Münster, DÖV 2005, S. 432). Letztlich rechtfertigt sich aufgrund dieser Funktion der Fraktionen auch nur deren Privilegierung gegenüber fraktionslosen Bürgerschaftsmitgliedern – nicht zuletzt durch die Bereitstellung von (erheblichen) Fraktionszuwendungen aus dem städtischen Haushalt.

Daraus lässt sich überspitzt ableiten, dass das Ausleben „politischer Freiheit“ durch grundsätzliche „Freigabe“ des Abstimmungsverhaltens, also dem Verzicht auf Ausübung des „Fraktionszwangs“, streng genommen nichts anderes ist als das Erschleichen des Fraktionsstatus’ – und nicht zuletzt von finanziellen (Fraktions-)Zuweisungen der Stadt.

Diese Kritik richtet sich nicht nur gegen die Fraktion „Bürger für Lübeck“, auch wenn diese sich in besonderer und zum Teil nachgerade aufdringlicher Weise als „frei“ (wovon eigentlich?) geriert. Auch die FDP-Fraktion, der ich bis Anfang Mai vorstand, ist keineswegs frei von derlei falsch verstandener Liberalität und Individualität, wodurch mittelfristig deren Wählbarkeit in Frage gestellt wird. Weshalb sollte man bei der Kommunalwahl 2013 die FDP wählen, wenn man als Wähler nicht einmal halbwegs sicher sein kann, dass die gewählten Vertreter der Partei in der Bürgerschaft einig auftreten?

Verkauf des Uniklinikums: Vorsicht vor Risiken und Nebenwirkungen!

In Allgemein on 14. Juli 2010 at 11:10

Nach dem erfolgreichen Kampf gegen die beabsichtigte Schließung der Medizinerausbildung in Lübeck zeichnet sich ein neues „Schlachtfeld“ ab, nämlich das um die von der Landesregierung angestrebte Privatisierung des UKSH. Genauer gesagt, geht es eigentlich nur noch um die Privatisierung des Lübecker Klinikums, da die in Kiel beheimatete Ministerialbürokratie bereits durch feinsinnige Argumentation einen Schutzwall um das dortige „Heimat-Klinikum“ aufgebaut hat. In dem synopsenartig aufgebauten „Sparkonzept“ der Landesregierung (Wissenschaftsministerium) heißt es nämlich: „Bei einem Vergleich der Alternativen 1 und 4 (Verzicht auf Standort Lübeck, Verzicht auf Standort Kiel) ist zu berücksichtigen, dass der Campus Lübeck des UKSH leichter zu veräußern ist als der Campus Kiel des UKSH.“ Begründet wird dies im Wesentlichen mit dem bereits in Lübeck bestehenden, funktionierenden Zentralklinikum, dem dortigen größeren Grundstücksangebot für mögliche Erweiterungen des Klinikums sowie dem besseren baulichen Zustand und daraus folgendem geringeren Investitionsbedarf im Vergleich zu Kiel. Schon das letztgenannte Argument erscheint eher fragwürdig, da sich die Höhe des Investitionsbedarfs für einen potentiellen Investor zwar auf die Höhe des Kaufpreises auswirken wird, aber nicht zwangsläufig auf die Kaufbereitschaft an sich. Gleiches dürfte im Prinzip auch für die beiden weiteren genannten Argumente gelten.

 Trotzdem kommen die Kieler Beamten im Hause de Jagers zu dem jeden Zweifel von vornherein ausschließenden Schluss: „Unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet, ist allein der Verkauf des UKSH, Standort Lübeck, vorstellbar.“ Betrachtet man die Ausführungen in dem Ministeriumspapier gerade „unter finanziellen Gesichtspunkten“, bleibt Ratlosigkeit. Ob aus fiskalischer Sicht ein Verkauf auch des Kieler Teils des UKSH grundsätzlich lohnenswert erscheint oder nicht, kann doch eigentlich nur unter Berücksichtigung des zu erzielenden Kaufpreises einerseits, aber auch des sonst auf das Land zukommenden Investitionsbedarfs andererseits beurteilt werden. Obwohl dieser Investitionsbedarf in Kiel ja offenbar signifikant höher ist als in Lübeck, wird dieser Aspekt vom Ministerium lieber flugs ausgeblendet. Schließlich könnte er das ersichtlich gewünschte Ergebnis gefährden, den Standort Kiel zu schützen und das ungeliebte „Hochschulkind“ Lübeck loszuwerden.

 Nun muss eine Privatisierung des Uniklinikums nicht von vornherein „Teufelszeug“ sein, obwohl ganz sicher äußerste Vorsicht geboten ist. Grundsätzlich vorstellbar wäre sie wohl nur, wenn der Erwerber ganz konkrete vertragliche Sicherungen u.a. gegen eine mögliche Zerschlagung des Klinikums als eines Krankenhauses mit Maximalversorgung zu akzeptieren bereit wäre. Ohne diesen Status wäre aus meiner laienhaften Sicht wohl der Fortbestand der medizinischen Fakultät zumindest gefährdet.

 Fraglich erscheinen die Privatisierungsabsichten aber sicher auch unter einem anderen Aspekt, nämlich dem Wunsch der Uni Lübeck, sich zur Stiftungsuni umzuwandeln. Wenn ich die Diskussion recht verstanden habe, ist eines der Voraussetzungen für dieses Modell die Bereitstellung von Stiftungskapital vor allem durch das Land, und zwar – da dieses „klamm“ ist – in Form von Grundstücken des Lübecker Campus’. Da die Landesregierung nach dem für sie verlorenen Vernichtungskrieg gegen die Lüb’sche Medizinerfakultät aber gelobt hat, die Idee der Stiftungsuni zu unterstützen, fragt sich, wie eine gleichzeitige Veräußerung des Lübecker Teils des UKSH vonstatten gehen sollte.  

Nach dem gottlob grandios gescheiterten Kieler „Schurkenstück“ in Sachen Mediziner-Uni heißt es für die Landesregierung „warm anziehen“: Die jetzt noch selbstbewussteren Lübecker werden zu Recht jedes Agieren in Kiel äußerst kritisch hinterfragen – und notfalls wieder auf die Straße gehen!

Uni-Diskussion: Hut ab vor Gerrit Koch & Co.!

In Allgemein on 8. Juli 2010 at 08:59

Bei aller berechtigter Kritik an den schwarz-gelben Koalitionsparteien im Schleswig-Holsteinischen Landtag ist es langsam an der Zeit, auch mal Anerkennung auszusprechen. Der Lübecker FDP-Abgeordnete Gerrit Koch hat sich als charakter- und standfest erwiesen, nachdem er – freilich entgegen anfänglicher Verteidigung der Sparpläne – sich öffentlich klar zum Fortbestand der Medizinerausbildung in Lübeck bekannt hatte. Dabei kann man nur spekulieren, wie groß der Druck aus den Regierungsfraktionen auf den Abgeordneten angesichts der hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme wirklich gewesen sein mag. Die von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zur Schau getragene Liberalität („Herr Koch ist ein frei gewählter Abgeordneter und an nichts anderes gebunden als sein Gewissen“, LN vom 08.07.2010) kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gerrit Koch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einem Maße „unter Feuer genommen“ worden sein wird, das seinesgleichen sucht. Der Lohn der Standfestigkeit: Auch andere Abgeordnete aus den Koalitionsfraktionen haben sich aus der Deckung gewagt und öffentlich angekündigt, einer Schließung der medizinischen Fakultät in Lübeck nicht zuzustimmen, nämlich der Stockelsdorfer CDU-Abgeordnete Hartmut Hamerich und jetzt auch die FDP-Abgeordnete aus Bad Oldesloe, Anita Klahn.

 Damit dürfte die beabsichtigte Schließung des Lübecker Medizin-Studienganges endgültig vom Tisch sein. Allerdings hat dieser „Punktsieg“ gegen die politische „Kiel-Mafia“ (anders kann man es nach den sukzessiven Enthüllungen der Hintergründe der Schließungspläne kaum mehr bezeichnen) einen schalen Beigeschmack: Warum haben die fraglichen Abgeordneten ihr Rückgrat erst so spät entdeckt und nicht gleich während der fraktionsinternen Beratungen des Sparpaketes ihr Veto gegen das „Plattmachen“ der Lübecker Uni eingelegt? Das wäre im Ergebnis nicht nur für die Lübecker Hochschuleinrichtung besser gewesen, die ungeachtet des sich abzeichnenden Erfolgs der Proteste beschädigt worden ist (Abgänge von wissenschaftlichem Personal u.ä.). Es hätte auch die Blamage für die schwarz-gelbe Landesregierung verhindert und wäre damit gleichsam ein Akt der innerfraktionellen bzw. innerparteilichen Loyalität gewesen.

Etwas mehr Lokalpatriotismus, bitte!

In Allgemein on 7. Juli 2010 at 09:49

Im Kampf um den Erhalt der Medizinerausbildung in Lübeck wurde aus meiner Sicht bisher zu Unrecht das Schwergewicht der Argumentation auf die fachspezifischen Aspekte und dabei die legitime Forderung nach ausgewogener Regionalpolitik vernachlässigt. Die Regierung eines Landes darf schlicht nicht Landesteile einseitig bevorzugen, insbesondere wenn es um die Unterhaltung wertschöpfender Einrichtungen mit Steuermitteln geht. Hier ist Kiel gegenüber der annähernd gleich großen Stadt Lübeck gegenüber Kiel schon durch den Sitz der Landesregierung mit ihren Ministerien, des Parlamentes und der einzigen Volluniversität im Lande klar bevorteilt.

 Nun mögen „vornehme Hansestädter“ ungern als Lokalpatrioten gelten, erst Recht nicht solche mit wissenschaftlichem Einschlag. Dies stellt sich jetzt einmal mehr als Fehler heraus.

So nahm man insbesondere seitens der Uni-Leitung die (eigentlich äußerst dreiste) Forderung der Landesregierung bereitwillig auf, ein Gegenkonzept zum einseitig die Region Lübeck belastenden Spardiktat zu entwickeln. Dabei nahm man auch die Vorgabe hinsichtlich des zu erbringenden Einsparvolumens von jährlich 24 bis 26 Mio. Euro ab 2015 fast widerspruchslos hin. Nun liegt das Gegenkonzept der Lübecker Uni vor. Es sieht neben anderen, vor allem die Lübecker Uni treffenden Sparmaßnahmen auch eine Reduzierung von Studienplätzen vor, allerdings in Lübeck und Kiel. Prompt schlug ein Schwall von Ablehnung auf die Uni nieder. Allen voran Wirtschaftsminister de Jager kritisierte sofort die Vorschläge als ein „Konzept zu Lasten Dritter“  – gemeint war natürlich die unter Artenschutz stehende Landeshauptstadt mit ihrer Universität.

Landauf, landab versicherten uns Politiker der Landesregierung, aber auch der diese tragenden Koalitionsfraktionen (CDU und FDP), die Lübeck betreffenden Schließungspläne seien nicht gegen die Stadt und die Region gerichtet, sie seien alternativlos und so weiter und so fort. Spätestens seit heute ist jedoch „die Katze aus dem Sack“: Die „Lübecker Nachrichten“ berichten in großer Aufmachung, dass die schwarz-gelbe Landesregierung jetzt „ eins zu eins“ bislang geheim gebliebene Schließungspläne aus dem Jahr 2009 aufgegriffen hat, entwickelt vom Ex-Dekan der medizinischen Fakultät in Kiel. Vorgestellt und beraten worden sei dieser Plan im Januar vergangenen Jahres, unter konspirativen Bedingungen. Teilnehmer der Runde waren neben unserem jetzigen Minister de Jager auch Dr. Carl Herrmann Schleifer, besser bekannt als „Chef-Sanierer“ des UKSH (http://www.ln-online.de/regional/2815102)..

 Die LN decken damit einmal mehr unappetitliche Seilschaften (oder sollte man besser sagen: mafiöse Strukturen) zwischen der Landesregierung und der Landeshauptstadt Kiel sowie den dort ansässigen Institutionen zum Nachteil (insbesondere) der Region Lübeck auf. Es geht im Kern vorrangig nicht um rationale Erwägungen im Sinne des Wohles des ganzen Landes Schleswig-Holstein, sondern um kaltschnäuzige, bewusste Bevorzugung der Landeshauptstadt. Der LN-Kommentar (Titel: „Skandalös“, siehe Anhang) trifft insoweit „den Nagel auf den Kopf“.

Ich hätte mir ähnlich deutliche Worte von dem Lübecker Kreisverband meiner Partei gewünscht, ebenso wie einen energischen Widerspruch der Lübecker Vertreter in der Landtagsfraktion und im Landesvorstand der FDP, bevor die einseitigen Sparpläne der Öffentlichkeit präsentiert wurden!

LN-Kommentar07.07

Stadtzeitungsbeiträge: Bürgerschaftsmehrheit ignoriert Grundrecht auf Gleichbehandlung!

In Allgemein on 1. Juli 2010 at 11:57

Gerade habe ich auf „HL-Live“ den Bericht über die laufende Sitzung der Lübecker Bürgerschaft gelesen – und mich prompt geärgert. Dabei geht es eigentlich nicht um ein weltbewegendes Thema: Das fraktionslose Bürgerschaftsmitglied (BM) Jens-Olaf Teschke (früher BfL-Fraktion) hatte beantragt, ihm ebenso wie den Fraktionen die Möglichkeit einzuräumen, wöchentlich jeweils einen Beitrag in der „Lübecker Stadtzeitung“ zu veröffentlichen. 

Nun kann man sich zwar schon trefflich darüber streiten, ob man schon das Veröffentlichungsrecht der Fraktionen gutheißen kann, erst recht, on man dieses dann auch noch auf einzelne, fraktionslose BM ausdehnen sollte. Beide Fragen sind aber durch die Bürgerschaft bereits grundsätzlich entschieden worden. Das Stadtparlament hatte bereits in der letzten Wahlperiode einen Antrag der FDP abgelehnt, auf die „Stadtzeitung“ ganz zu verzichten und öffentliche Bekanntmachungen künftig im Internet zu veröffentlichen. Der Sparvorschlag wurde vor allem auch deshalb abgelehnt, weil die anderen Fraktionen auf ihre Fraktionsbeiträge nicht verzichten wollten. Zu Beginn dieser Wahlperiode hatte die Bürgerschaft dann auch noch der fraktionslosen Frau Dr. Stamm das gleiche Recht eingeräumt.

 Vor diesem Hintergrund sollte man den Antrag von Herrn Teschke eigentlich als „Selbstgänger“ ansehen, denn mit welcher Rechtfertigung sollte man ein fraktionsloses BM in dieser Frage anders behandeln als ein anderes? Von derlei sachlichen Erwägungen ließ sich die „rot-rot-grüne“ Mehrheit aber offenbar nicht beirren, sie lehnte den Teschke-Antrag kurzerhand ab. Gewohnt „geistreich“ die Begründung von Frau Antje Jansen,  Fraktionschefin der Linken: „Dann haben wir bald 60 Beiträge jede Woche.“ Vom grundgesetzlich garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 u. 3 GG) hat die Dame offenbar noch nie etwas gehört!

Ich rate Herrn Teschke, die Kommunalaufsicht einzuschalten. Sollte dies nicht fruchten und ggf. ein förmlicher Antrag beim Bürgermeister auf Gewährung des Veröffentlichungsrechtes zurückgewiesen werden, wäre aus meiner Sicht auch eine verwaltungsgerichtliche Klärung geboten.