Die etwas andere liberale Stimme aus der Hansestadt Lübeck

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Nach Bürgermeisterwahl: Was nun, „bürgerliches Lager“?

In Allgemein on 21. November 2011 at 09:29

Alle Jahre wieder: Ist eine Wahl gelaufen, bricht in den unterlegenen Parteien die Zeit der Schönredner an –  diesmal nur zum Teil. Die Bürgermeisterwahl ging für CDU, BfL, FDP und FUL krachend verloren. Nicht einmal 40% der von ihrem Wahlrecht Gebrauch machenden Lübeckerinnen und Lübecker haben gestern der CDU-Frau ihre Stimme gegeben. Die Wahlverliererin wäre mit dem Ergebnis nach eigenem Bekunden auch noch fast zufrieden gewesen.

Alexandra Dinges-Dierig: „Die Vier vorne war mein Ziel, ich bin zufrieden. Es war von Anfang klar, dass es schwer wird, gegen einen Sympathieträger zu gewinnen.“ Laut Prognose erhält die CDU-Bewerberin 40,1 Prozent der Stimmen…. (LN-Online, hier)

Erst als dann später von den 40,1 % nur noch 38,8% übrig geblieben waren, zeigte sich Kandidatin doch etwas enttäuscht. Trost aus berufenem Munde gab’s vom CDU-Fraktionschef Andreas Zander. Er münzte das tatsächliche Ergebnis für Dinges-Dierig flugs in „gefühlte 40 Prozent“ um. Nun waren alle wieder glücklich, zumal es am Wahlabend laut heutiger LN-Sonderausgabe kein einziger CDU-Politiker als überraschend empfand, dass die eigene Kandidatin nicht gewonnen hatte. Man fragt sich allerdings angesichts derartiger Bescheidenheit, weshalb die CDU die Dame dann überhaupt ins Rennen geschickt hatte, zumal allein die Lübecker Christdemokraten angeblich 25.000€ für den Wahlkampf ausgegeben haben wollen!

 Die anderen in der Bürgerschaft vertretenen Parteien bzw. Wählergemeinschaften des sog. „bürgerlichen“ Lagers hat es dagegen scheinbar – jedenfalls kurzzeitig – die Sprache verschlagen. Nachdem sie unisono ziemlich kritiklos wie die berühmten „Lemminge“ der einsamen Kandidatenentscheidung der selbst ernannten „Leitwölfin“ CDU gefolgt waren und zusätzlich knappe Parteigelder in den ja offenbar von vornherein als aussichtslos eingeschätzten Wahlkampf gesteckt haben, fehlen FDP und FUL zu Recht die Worte.

Einzig Gregor Voht, Vorsitzender der Bürger für Lübeck, fand noch am Wahlabend öffentliche Worte der Gratulation für den mit souveränem Ergebnis wiedergewählten Bernd Saxe (SPD). Er erkannte zutreffend: „Das Wahlergebnis lässt sich trotz unserer Unterstützung für Frau Dinges-Dierig ganz gut verkraften, da zwischen Herrn Bürgermeister Saxe und uns durchaus Übereinstimmungen in wesentlichen Zukunftsthemen bestehen.“ Die LN stellen in ihrem Kommentar heute in Bezug auf die CDU denn auch treffend fest: „Zu hoffen, das sogenannte bürgerliche Lager hinter sich zu vereinen, war naiv. Bürgerlicher als Saxe geht’s ja kaum.“

 Wohl wahr, wohl wahr! Dem BfL-Mann scheint es zu dämmern, dass sich seine Wählergemeinschaft mit der Unterstützung der von der CDU allein ausgewählten Kandidatin Alexandra Dinges-Dierig nicht unbedingt einen Gefallen getan hat. Schließlich wird in anderthalb Jahren die Bürgerschaft neu gewählt. Die Wählerinnen und Wähler werden sich dann zu Recht fragen, warum sie eigentlich die BfL oder eine andere Partei oder Gruppierung des sog. „bürgerlichen Lagers“ wählen sollen  und nicht gleich das Original „CDU“. Derzeit dürften Antworten auf diese Frage Mangelware sein!

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Eigentor der CDU beim „Kampf um fremde Federn“!

In Allgemein on 17. August 2011 at 18:29

Langsam nimmt der Bürgermeisterwahlkampf Fahrt auf, wenngleich erst am 05.11.2011 gewählt wird.

Am vergangenen Montag hatten die „Bürger für Lübeck“ (BfL) bekanntlich den Alleingang der sonst stets die Einheit des „bürgerlichen Lagers“ vor sich hin betenden Lübecker CDU goutiert und beschlossen, die CDU-Kandidatin Alexandra Dinges-Dierig auch zu ihrer zu machen. Man muss übrigens kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass auch die Lübecker FDP – selbstverständlich nach  einem „transparenten und objektiven“ Verfahren –  diesem Schritt folgen wird.

Kaum war der Beschluss der BfL-Basis (der Vorstand hatte geschlossen für den Amtsinhaber Bernd Saxe, SPD, votiert) gefallen, keilte der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Peter Reinhardt, gegen die frisch gekürte Kandidatin. Zitat Reinhardt:

Finanzwirksame Anträge ohne Deckungsvorschlag wird es mit mir nicht geben – egal von wem“, diese plakative Festlegung der Bürgermeisterkandidatin von CDU und BfL soll der Maßstab ihres Handelns im Lübecker Rathaus werden. Frau Dinges-Dierig nimmt den Mund ziemlich voll und maßt sich Dinge an, die nicht in die Kompetenz eines Lübecker Bürgermeisters fallen. Ein flüchtiger Blick ins Gesetz genügt, um ihre Aussagen bei der BfL als politische Hochstapelei oder schlimmer noch als fehlende Verankerung in der Lübecker Politik zu entlarven. (Quelle: HL-Live vom 17.08.2011, hier)

Nun mag man sich – wie so häufig bei Herrn Reinhardt – über die Angemessenheit des Tones streiten, in der Sache hat der SPD-Fraktionschef leider Recht. Ich selbst hatte am 16.08.2011 den Bericht über die Nominierung durch die BfL mit der Anmerkung kommentiert, dass Frau Dinges-Dierig offenbar die Gemeindeordnung S-H negiert, wenn sie kühn ankündigt, Bürgerschaftsanträge ohne Deckungsvorschlag werde es mit ihr nicht geben (vgl. HL-Live vom 16.08.2011, hier).

Die CDU wiederum ist verständlicherweise nach dem wahrscheinlich kaum mehr erwarteten Rückenwind für ihre erst quälend spät gefundene Kandidatin „oben auf“.  Bürgerschaftsfraktionsvorsitzender Andreas Zander geht – sichtlich euphorisiert – gleich Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) an, indem er die von Saxe auf der BfL-Veranstaltung geschilderten, mehr oder weniger erfolgreichen Sparbemühungen der Vergangenheit als alleiniges Verdienst der damals mit absoluter Bürgerschafts-Mehrheit ausgestatteten CDU reklamiert. In einer Pressemitteilung vom 16.08.2011 wirft Zander dem amtierenden Bürgermeister vor, sich mit fremden Federn zu schmücken. Zander wörtlich:

Zuletzt ist dies im Rahmen seiner Vorstellung bei den BfL deutlich geworden: Saxe verweist allen Ernstes auf den ausgeglichenen Haushalt des Jahres 2008 und den durch den demographischen Wandel ohne betriebsbedingte Kündigungen ermöglichten Personalabbau in der Verwaltung (Programm ‚Minus 500’).

Beides sind Erfolge der absoluten CDU-Mehrheit in der Lübecker Bürgerschaft. In beiden Fällen musste Saxe von der CDU zum Jagen getragen werden. Denn vom Bürgermeister ging kein Sparbeschluss aus – erst die Vorgaben der Bürgerschaft haben zwischen 2003 und 2008 die Konsolidierung erfolgreich vorangetrieben. (Zur Original-Pressemitteilung der CDU kommen Sie hier.)

Mit Verlaub, aber dass die Sparbeschlüsse der Bürgerschaft 2004 auf die Kreativität der damals mit absoluter Mehrheit „regierenden“ CDU zurückgegangen wären, ist doch eine äußerst dreiste Verkehrung der Tatsachen. Sowohl die damals von der Bürgerschaft beschlossene Einsparmaßnahme im Personalbereich („Minus 500“) als auch „Minus 3%“ hatte der Bürgermeister im Rahmen seiner „Sparliste“ vorgeschlagen (nachzulesen in der „Lübecker Stadtzeitung“ vom 20.01.2004, hier). CDU und FDP hatten diesen Vorschlag dann  aufgegriffen und in der Bürgerschaft beschlossen.

Ich finde, trotz aller politischer Meinungsverschiedenheiten sollte man doch einen Rest an Ehrlichkeit wahren!

Autofreie Innenstadt? Parteien sollten Farbe bekennen!

In Allgemein on 26. April 2011 at 13:13

Animation: Stadtentwicklung Lübeck

„Gefällt Ihnen der neue Klingenberg?“ Diese Frage stellten die Lübecker Nachrichten unlängst dortigen Passanten (LN am 20.04.2011, hier).

Dabei ist die Frage, ob der neu gestaltete Klingenberg einzelnen, zufällig befragten Lübecker/innen „gefällt“ oder nicht, meines Erachtens deutlich zu kurz gesprungen. Die wichtigere Frage, welche Auswirkungen die damit verbundene Verkehrssperrung aus Richtung Schmiedestraße auf die Entwicklung des Einzelhandels vor allem (aber nicht nur) in den dort betroffenen Innenstadtbereichen hat, wird dabei nämlich völlig ausgeblendet. Was nützt ein noch so schöner verkehrsfreier Platz, wenn potentielle Innenstadtbesucher gleichzeitig von ihrem Vorhaben abgehalten werden und lieber die bequem mit dem Auto erreichbaren Geschäfte auf der „grünen Wiese“ (z.B. Citti-Park) aufsuchen? Es wird allerhöchste Zeit, dass sich gerade die sog. „bürgerlichen“ Bürgerschaftsfraktionen entscheiden, was sie für unsere Innenstadt wollen. Wenn sie mittlerweile für den rot-rot-grünen Kurs der autofreien Innenstadt sind, mögen sie das den Wähler/innen auch deutlich sagen – alles andere ist unaufrichtig!

Zum Thema „Klingenberg“ siehe auch folgende Beiträge:

Verkehrschaos „Mitten in Lübeck“ – Produkt des Bürgerwillens?

Verkehrschaos im Bereich Schmiedestraße: Warum wankt die FDP?

BfL: Konfusion statt klarer Aussagen

In Allgemein on 25. Oktober 2010 at 11:31

Die „Bürger für Lübeck“ (BfL) sind ja bekanntlich so völlig anders als andere Lübecker Parteien, weshalb man sich schon fast daran gewöhnt hat, dass die Mitglieder der BfL-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft zu einzelnen Tagesordnungspunkten ohne einheitliche Linie munter durcheinander abstimmen. Dass jedoch jetzt schon der Fraktionsvorsitzende und sein Stellvertreter taggleich öffentlich völlig voneinander abweichende Positionen vertreten, dürfte selbst unter Zugrundelegung der realitätsentrückten Sicht der BfL zum sog. „Fraktionszwang“ bemerkenswert sein.

Am Samstag, 23. Oktober,  wurde in den LN auf Seite 9 unter der Überschrift „Studie: Lübeck braucht größere Events“ (hier) der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bruno Böhm mit folgenden Worten zitiert:

Dennoch ist Bruno Böhm von den Bürgern für Lübeck (BfL) bereit, jetzt wieder städtisches Geld auszugeben. „Für überregional bedeutsame Veranstaltungen muss eine Stadt Geld in die Hand nehmen“, fordert er. „Lübeck braucht eine große Veranstaltung – beispielsweise die Powerboats, die leider von der Bürgerschaft abgelehnt wurden“, so Böhm. Veranstaltungen wie Sand World und Ice World hätten der Hansestadt Image und zusätzliche Touristen gebracht. Böhm: „Die Besucher haben Lübeck kennengelernt und sind als Gäste wiedergekommen.“ Die jetzigen Feste würden bei weitem nicht ausreichen. Das Altstadtfest schrecke eher ab, kritisiert der BfL-Politiker.

Wahrscheinlich dürfte BfL-Fraktionschef Dr. Raimund Mildner bei der morgendlichen Lektüre der LN die „Kaffeetasse aus der Hand gefallen“ sein. Jedenfalls dauerte es nur bis zum Mittag des selben Tages, als Mildner seinem Fraktionsvize  auf „HL-Live“ unter der Überschrift „BfL: Keine Events zu Lasten des Haushalts“ (hier) öffentlich in die Parade fuhr. 

Zitat: („)Mag sein, dass Lübeck mehr große Events mit überregionaler Ausstrahlung braucht: Aber nicht zu Lasten des städtischen Haushalts! Events müssen sich rechnen: Auf der einen Seite die Anbieter von musikalischen, künstlerischen, lukullischen oder sonst welchen Leistungen, auf der anderen Seite die Nutzer dieser Leistungen, die diese auch bezahlen und eben nicht subventionsgeladen nur „empfangen“. Und auch für die vermeintliche Umwegrentabilität etwa durch mehr Übernachtungen – verbrämt als volkswirtschaftlicher Nutzen – trifft das gleiche Prinzip zu: Wer immer den Nutzen hat soll dafür bezahlen!

Aha! Zwar wissen wir nicht, ob die BfL nun dafür sind, für mehr und bessere Events zusätzliches städtisches Geld in die Hand zu nehmen oder nicht. Allerdings wird immer klarer, was die Wählergemeinschaft meint, wenn sie auf Ihrer Webseite (hier) ausführt: 

Auch in ihrem Ab­stimmungs­verhalten ist die BfL-Fraktion anders auf­gestellt, hält sie doch an keinen Fraktion­szwängen fest, sondern gibt dem Ab­stimmungs­verhalten ihrer Mit­glieder nach bestem Wissen und Ge­wissen jedes Einzel­nen hohe Priorität.

Friedenstraße: Paradoxe Abstimmung in der Bürgerschaft

In Allgemein on 1. Oktober 2010 at 10:39

Bei „HL-Live“ reibt man sich über die FDP verwundert die Augen.  Die Online-Zeitung schreibt im Rahmen ihrer Live-Berichterstattung über die gestrige Sitzung der Bürgerschaft zum Thema „Friedenstraße“ folgendes:

Die neue Regelung für die Friedenstraße bleibt: Einstimmig sprach sich die Bürgerschaft dafür aus, das Verfahren für die Wegeeinziehung des Grundstücks an der Ecke Schwartauer Allee/Friedenstraße einzuleiten. Mit Klagen rechnet die Stadt nicht, da niemand umittelbar betroffen sei. Die Einstimmigkeit verwundert: Die FDP hatte die Einziehung bisher vehement abgelehnt.

In der Tat ist das Abstimmungsverhalten der Lberalen zu diesem Thema kaum nachzuvollziehen. Im Januar 2009 hatte die FDP-Fraktion sich noch vehement gegen die unsinnige Teilsperrung der Friedenstraße ausgesprochen. Damals standen die Liberalen damit  zunächst allein – nachdem sie sich sozusagen in einem partei- und fraktionsinternen „Manöver des letzten Augenblicks“ zu dieser konsequenten Haltung entschlossen hatte. CDU und BfL schlossen sich dann einem entsprechenden FDP-Antrag in der Bürgerschaft an. Der Antrag scheiterte erwartungsgemäß an der rot-rot-grünen Bürgerschaftsmehrheit, was die Liberalen nicht daran hinderte, den Antrag in ähnlicher Form gemeinsam mit CDU und BfL in der Mai-Sitzung 2009 – erfolglos – erneut zu stellen. Schließlich wollte man nichts unversucht lassen, die als unsinnig erkannte Maßnahme doch noch zu verhindern. Insbesondere ging es darum, keine irreversiblen Tatsachen zu schaffen.  Es sollten Baumaßnahmen verhindert werden, die eine mögliche Aufhebung der Teilsperrung nach Auswertung der Verkehrsentwicklung faktisch unmöglich machen würden.

Gerade das haben FDP, CDU und BfL aber mit ihrer Zustimmung in der gestrigen Bürgerschaftssitzung zur sog. Wegeeinziehung des Grundstücks an der Ecke Schwartauer Allee/Friedenstraße erreicht. Mit der vorgesehenen Bebauung mit einem Wohn-/Geschäftshaus hat das „bürgerliche Lager“ sich die Möglichkeit im Wortsinne „verbaut“, den Fehler der Teilsperrung der Friedenstraße zu korrigieren, wenn die Wählerinnen und Wähler dem „rot-rot-grünen“ Spuk bei der Kommunalwahl 2013 ein Ende bereiten sollten.  Konsequente Politik sieht ganz sicher anders aus!

Fraktionszwang – der Versuch einer Ehrenrettung!

In Allgemein on 21. Juli 2010 at 14:25

Gerade von Wählergemeinschaften wird häufig und gern betont, wie frei und unabhängig sie und ihre Mitglieder doch seien, ganz im Gegensatz zu den etablierten Parteien. Dementsprechend wird der unter jenen gescholtenen Parteien übliche sogenannte „Fraktionszwang“ als undemokratisch und „Feind der freien Mandatsausübung“ des frei gewählten Bürgerschaftsabgeordneten gegeißelt. Als Beispiel mögen die „Bürger für Lübeck“ dienen. Deren fehlendes Wahlprogramm machte diese (nach eigenem Bekunden) „unabhängige Wählervereinigung“ mit dem allgemein gehaltenen Versprechen wett, „jenseits von Partei-Ideologien dem ‘gesunden Menschenverstand’ wieder mehr Geltung in der Lübecker Bürgerschaft zu verschaffen“. „Mehr Sach- und Fachkunde“ werde „. direkt durch die Bürgerschafts-Kandidaten der BfL eingebracht“. Das – überaus ernüchternde – Ergebnis kennen wir mittlerweile. Aber darum soll es an dieser Stelle nicht gehen, sondern vielmehr darum, dass sich mehr und mehr herauskristallisiert hat, wie unterschiedlich die einzelnen Mitglieder der BfL-Bürgerschaftsfraktion den Begriff des „gesunden Menschenverstandes“ bei konkreten Sachthemen doch sehen und ausleben. Deshalb ist es fast schon eher die Regel als die Ausnahme, dass die BfL-Vertreter im Kommunalparlament zu einzelnen Tagesordnungspunkten höchst unterschiedlich abstimmen. Eine einheitliche, klare Linie, wofür denn die BfL als Vereinigung bei einzelnen Sachthemen steht, ist dadurch kaum erkennbar. Dieses „Abstimmungs-Tohuwabohu“ wird von BfL-Leuten dann auch noch gern als „Leben politischer Freiheit“ gepriesen (vgl. Stadtzeitungsbeitrag der BfL vom 10.11.2009).

Bei näherer Betrachtung stellt sich derlei „Freigeist“ allerdings häufig genug als schlichte Wähler(ent)täuschung dar. Schließlich haben alle Mitglieder der BfL-Fraktion ihre Mandate nur deshalb erhalten, weil sie sich auf dem Wahllistenvorschlag der BfL befunden haben. Wären die Fraktionsmitglieder als Einzelbewerber zur Kommunalwahl angetreten, säße wohl kein einziger von ihnen heute in der Bürgerschaft. Aus diesem Umstand leitet sich ein moralischer Anspruch der Wähler der BfL ab, dass die über die BfL-Liste gewählten Mandatsträger auch einheitlich im Sinne der Leitlinien dieser Wählergemeinschaft abstimmen.

Diese berechtigte Wählererwartung hat mit undemokratischer Zwangsausübung auf das einzelne Fraktionsmitglied rein gar nichts zu tun. Insofern ist der Begriff „Fraktionszwang“ falsch und irreführend (wenn er von mir trotzdem verwendet wird, dann nur, weil er sich fest eingebürgert hat). Eine Fraktion hat letztlich keinerlei „handfeste“ Mittel, um Druck auf einzelne Mitglieder im Sinne eines bestimmten Abstimmungsverhaltens auszuüben. Die Ausübung von „Fraktionszwang“ besteht im Ergebnis nur darin, den/die Abweichler von der Mehrheitsmeinung innerhalb der Fraktion durch „gute (manchmal auch deutlichere) Worte“ von dem Sinn zu überzeugen, mit der Fraktion zu stimmen, um das Bild der Geschlossenheit der Gesamt-Fraktion zu wahren. Ein derartiger Appell an das Zusammengehörigkeitsgefühl des potentiellen Abweichlers wird zudem i.d.R. erst erforderlich, wenn zuvor alle anderen Kompromissmöglichkeiten zur Gewinnung einer einheitlichen Linie erfolglos ausgelotet worden sind.

Die Ausübung eines „Fraktionszwangs“ in diesem Sinne beeinträchtigt das Bürgerschaftsmitglied mitnichten unzulässig in seinen „Abgeordneten“-Rechten (die Anführungsstriche sind deshalb angebracht, weil die Bürgerschaft als Kommunalvertretung kein Parlament im staatsrechtlichen Sinn und das dortige Mitglied folglich kein „Abgeordneter“ im eigentlichen Sinn ist). Diese sind durch die Gemeindeordnung geschützt (§ 32 Abs. 1: „Die Gemeindevertreterinnen und -vertreter handeln in ihrer Tätigkeit nach ihrer freien, durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung.“). Vielmehr ist es geradezu gesetzliche Aufgabe einer (Bürgerschafts-)Fraktion bzw. deren Führung, auf eine einheitliche Meinung innerhalb der Fraktion hinzuwirken. Das folgt aus dem Begriff der Fraktion (§ 32 a GO S-H). In der (höchstrichterlichen) Rechtssprechung ist seit jeher anerkannt, dass es zum Wesen einer Fraktion gehört, die „Willensbildung und Entscheidungsfindung im Plenum“ (d.h., in der Bürgerschaft) „vorzuprägen, indem sie vor der Plenardebatte und –abstimmung in interner Meinungsbildung Willensblöcke bilden, die sie im Plenum möglichst geschlossen zur Geltung bringen“ (vgl. OVG Münster, DÖV 2005, S. 432). Letztlich rechtfertigt sich aufgrund dieser Funktion der Fraktionen auch nur deren Privilegierung gegenüber fraktionslosen Bürgerschaftsmitgliedern – nicht zuletzt durch die Bereitstellung von (erheblichen) Fraktionszuwendungen aus dem städtischen Haushalt.

Daraus lässt sich überspitzt ableiten, dass das Ausleben „politischer Freiheit“ durch grundsätzliche „Freigabe“ des Abstimmungsverhaltens, also dem Verzicht auf Ausübung des „Fraktionszwangs“, streng genommen nichts anderes ist als das Erschleichen des Fraktionsstatus’ – und nicht zuletzt von finanziellen (Fraktions-)Zuweisungen der Stadt.

Diese Kritik richtet sich nicht nur gegen die Fraktion „Bürger für Lübeck“, auch wenn diese sich in besonderer und zum Teil nachgerade aufdringlicher Weise als „frei“ (wovon eigentlich?) geriert. Auch die FDP-Fraktion, der ich bis Anfang Mai vorstand, ist keineswegs frei von derlei falsch verstandener Liberalität und Individualität, wodurch mittelfristig deren Wählbarkeit in Frage gestellt wird. Weshalb sollte man bei der Kommunalwahl 2013 die FDP wählen, wenn man als Wähler nicht einmal halbwegs sicher sein kann, dass die gewählten Vertreter der Partei in der Bürgerschaft einig auftreten?

BfL billigen Parkgebühren vor dem Burgtor!

In Allgemein on 22. Juni 2010 at 15:30

Wer sich die Mühe macht, sich durch die schwülstigen Ausführungen auf den Internetseiten der „Bürger für Lübeck“ (BfL) zu kämpfen, trifft unverhofft auch auf halbwegs Verständliches: So versprechen die BfL u.a., sich für „bessere Parkmöglichkeiten (auch für Radfahrer)“ und eine „Reduzierung der Parkgebühren“ einzusetzen (http://www.buerger-fuer-luebeck.de/standpunkte.html).

Was dies nach den Vorstellungen der zumindest sprachlich kreativen „unabhängigen Wählergemeinschaft in der Hansestadt Lübeck“ in der Praxis bedeuten soll, erfahren wir am Beispiel des Umfeldes der am Burgfeld vor den Toren der Innenstadt angesiedelten Gerichte. Dort plant die Verwaltung bekanntlich, bisher kostenfreies, straßenbegleitendes Parken künftig mittels Parkscheinautomaten mit Gebühren zu belegen – und zwar angeblich im Interesse der Gerichte. Diese sehen selbst allerdings überhaupt keinen entsprechenden Regelungsbedarf, sondern kritisieren die Pläne der Verwaltung scharf, u.a. auch deswegen, weil die Gerichtsmitarbeiter zusätzliche finanzielle Belastungen fürchten. 

Wer jetzt glaubt, die „unabhängige Wählergemeinschaft“ würde die Proteste der Betroffenen in deren Sinne aufgreifen, irrt gewaltig. Mit einem Antrag zur nächsten Bürgerschaftssitzung soll der Bürgermeister u.a. mit „der Einrichtung einer gerechten Gebührenerhebung für Parkplätze, bei denen die Nutzungsdauer nicht im Voraus ermessen werden kann“, beauftragt werden. Diese BfL-Forderung sanktioniert nicht nur das grundsätzliche Vorhaben, bislang kostenfreie Parkmöglichkeiten in kostenpflichtige umzuwandeln, sie dürfte zudem faktisch unmöglich umzusetzen sein. Soll die Verwaltung Straßenrand-Parkplätze mit Schranken versehen? Auch die weiteren BfL-Forderungen an die Stadt – Schaffung von Kfz-Stellplätzen für Gerichtsbedienstete und zusätzlicher Parkmöglichkeiten für Besucher – dürften angesichts der Örtlichkeiten kaum realisierbar sein. 

Die BfL-Fraktion wäre besser beraten gewesen, sich dafür einzusetzen, die Pläne zur Umwandlung ganzer Straßenzüge in gebührenpflichtige Parkzonen ersatzlos fallen zu lassen, zumal das Vorhaben rechtlich zweifelhaft erscheint. In der Verwaltungsvorschrift zu § 13 der Straßenverkehrsordnung heißt es nämlich u.a.:  „Parkuhren und Parkscheinautomaten sind vor allem dort anzuordnen, wo kein ausreichender Parkraum vorhanden ist und deshalb erreicht werden muss, dass möglichst viele Fahrzeuge nacheinander für möglichst kurze genau begrenzte Zeit parken können…“ Die Stadt will aber auch Tagestickets für 5 € anbieten, was dem Sinn und Zweck diametral entgegenläuft, möglichst vielen Kfz-Nutzern zu ermöglichen, ihre Fahrzeuge nacheinander für möglichst kurze, genau begrenzte Zeit zu parken. Gerade dieses beabsichtigte Angebot ist entlarvend und gibt den betroffenen Gerichtsmitarbeitern Recht, die ein objektives Bedürfnis für Parkbeschränkungen vehement bestreiten.

 „Wir sichern zu, dass wir uns sehr sorgfältig und bedacht auf der Basis von umfassenden Kosten-Nutzen-Betrachtungen unter Berücksichtigung auch von Folge- und Nebeneffekten um die Belange der Lübecker Bürger im besten Sinne kümmern werden“, so eines der sprachgewaltigen Wahlversprechen der „Bürger für Lübeck“. Hier wäre eine gute Gelegenheit dazu gewesen!