Die etwas andere liberale Stimme aus der Hansestadt Lübeck

Demo gegen Rechts: Warum ich nicht mitmarschieren werde

In Allgemein on 8. Februar 2011 at 09:00

Alle Jahre wieder das gleiche Bild: Neo-Nazis nutzen den Jahrestag des Luftangriffs der Royal Air Force auf die Hansestadt Lübeck in der Nacht zum Palmsonntag (28./29. März) 1942 zu einem Marsch durch die Stadt. Im letzten Jahr kamen laut „Lübecker Nachrichten“ (hier) etwa 250 Rechtsextremisten (andere sprechen von 160, hier) von nah und fern angereist, um in Lübeck zu demonstrieren. Natürlich bleiben Gegendemonstrationen nicht aus, was grundsätzlich natürlich sehr zu begrüßen ist, denn jeder aufrechte Demokrat kann gewiss nur Abscheu über diese schamlose Ausnutzung des für eine historische Stadt wie Lübeck naturgemäß besonders schmerzlichen Kriegsereignisses durch unverbesserliche Neo-Nazis empfinden. Braunes Gedankengut hat in einer Demokratie nichts verloren – linksextremistisches allerdings auch nicht.

Wobei wir beim Thema wären. Vor Jahren (genauer: 2005) hat sich in Lübeck das sogenannte Bündnis „Wir können sie stoppen“  als Sprachrohr und Haupt-Organisator der Gegen-Demos gebildet und sich mittlerweile als solches etabliert. In diesem Bündnis arbeiten laut eigenen Angaben (hier) neben durchaus respektablen gesellschaftlichen Organisationen wie dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der Lübecker SPD und evangelischen Kirchenorganisationen auch Gruppierungen regelmäßig mit, die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch oder aber linksextremistisch unterwandert eingestuft werden:  „Avanti – undogmatische Linke“ (hier), „Basta – Linke Jugend“ (hier), „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“ (hier) und „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (hier). Ferner finden sich als regelmäßige Mitstreiter Vereine oder Gruppen mit wenig demokratieverheißenden Namen wie „Radikale Linke Lübeck“, „Roter Stern Lübeck“ und „Anarchist Federation“. Auf ihrer Internet-Seite (hier) zählt das Bündnis „Wir können sie stoppen“ stolz die „Organisationen und Einzelpersonen“ auf, die „den diesjährigen Aufruf als ErstunterzeicherInnen“ unterstützen. Dabei sind u.a. ebenfalls nach Einschätzung des Verfassungsschutzes als linksextremistisch eingestufte Gruppierungen wie Deutsche Kommunistische Partei (DKP, hier) und Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ, hier). 

Ich hatte bereits in meiner Zeit als Mitglied der Lübecker Bürgerschaft mit einer gewissen Fassungslosigkeit zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich selbst die sog. bürgerliche Partei CDU scheut, offen „Nein“ zu sagen, wenn es um die öffentliche Aufforderung geht, Seit‘ an Seit‘ mit dem Bündnis „Wir können sie stoppen“ gegen den alljährlichen Neo-Nazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Dabei ist im Verfassungsschutzbericht des Landes Schleswig-Holstein für 2009 (Seite 92, hier) Folgendes zu lesen:

Auch 2009 wurde am 28. März dagegen mit einer „antifaschistischen“ Demonstration unter dem Motto „Wir können sie stoppen! Kein Nazi-Aufmarsch in Lübeck!“ protestiert. Es hatte sich ein breit gefächerter Widerstand gebildet. Ein Bündnis aus Kirchenvertretern, Gewerkschaften, Parteien, bürgerlichen, aber auch linksextremistischen Gruppierungen hat dabei eine führende Rolle in der Gegenmobilisierung eingenommen. Wie in den Vorjahren spielte erneut die Lübecker Ortsgruppe der linksextremistischen Gruppierung „Avanti – Projekt undogmatische Linke“ bei der Gesamtorganisation eine dominierende Rolle.

Vor ein paar Tagen musste ich mich mit Vorhaltungen auseinandersetzen, weil ich  in einem „virtuellen Netzwerk“ eine Einladung, bei der vom Bündnis „Wir können Sie stoppen“ organisierten Demo mitzumachen, wie folgt beantwortet hatte: „Mir hat es letztes Jahr definitiv gereicht, an der Seite von Linksextremisten zu marschieren! Für mich nie wieder!“ (Anmerkung: Damals musste ich quasi gegen meine Überzeugung als FDP-Fraktionsvorsitzender in der Lübecker Bürgerschaft mitdemonstrieren.) Bei einer Demonstration, zu der alle aufgerufen werden, müsse man damit rechnen, das dort auch Linksextremisten auflaufen werden, so der Hinweis des „Beschwerdeführers“. Weiter: „Dies wird wohl bei beinahe jeder Demonstration sein. Doch finde ich es nicht in Ordnung, dass Sie sich von ein Paar Extremisten von dem eigentlichen abhalten lassen.“ So mag mancher es sehen.

Zwischen den vielen Demos, bei denen in der Tat nicht auszuschließen ist, dass der eine oder andere Extremist mitmarschiert, und der jährlichen Gegendemo in Lübeck gibt es aber leider einen entscheidenden Unterschied: In Lübeck werden im Kreise der Demonstranten Linksextremisten im dahinter stehenden Bündnis mit „offenen Armen empfangen“, so dass es hier um offene Solidarisierung mit (und damit Verharmlosung von) linksextremistischen Gruppen geht und nicht etwa nur um die zufällige Anwesenheit von „ein paar Extremisten“.

Deshalb sage ich ganz offen:  Mit mir nicht! Und ich genieße es, nebenbei bemerkt, meine diesbezügliche Meinung so offen kundtun zu dürfen, ohne auf irgendwelche partei- oder wahltaktischen Erwägungen Rücksicht nehmen zu müssen. Dabei fühle ich mich mit meiner Meinung im Übrigen in bester Gesellschaft, denn ich bin mir ganz sicher, dass die überwiegende Mehrheit der Lübeckerinnen und Lübecker ganz ähnlich denkt wie ich. Aber das hat unsere Lübecker Parteien ja noch nie sonderlich gestört. Deshalb wird es vermutlich auch in diesem Jahr wieder eine breite Zustimmung in der Bürgerschaft zu einem Resolutionsentwurf zugunsten der Teilnahme an der maßgeblich von Linksextremisten gesteuerten Demo gegen Rechts geben. Nun gut, sollen sie’s beschließen…

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  1. […] Thomas Schalies erläutert auf seinem Blog seine Gründe, weshalb er nicht mitmarschieren wird. Gerade deshalb sollte man aber teilnehmen: Gewaltätige Extremisten, welcher Richtung auch immer, sollte man keinen Raum und keine Chance bieten. […]

  2. […] Eine polemische Reaktion auf die Stellungnahme von Schalies […]

    • Um meinen werten Leserinnen und Lesern die Mühe des Aufsuchens der im vorangegangenen Kommentar zu diesem Beitrag zu ersparen, gebe ich die erwähnte „polemische Reaktion“ nachfolgend im Wortlaut wieder, die mich gestern per mail erreichte. Der/die Verfasser/in zog es übrigens vor, sich hinter dem Absender-Pseudonym „brot“ (butterblume@riseup.net) zu verstecken. Soviel zur Zivilcourage…

      „Mit einiger Verwirrung las ich einen Artikel von dir, indem du erklärst, warum du dieses Jahr nicht gegen Neonazis „marschieren“ wirst. Diese Entscheidung begründest du damit, dass, wie du durch Recherche im Verfassungsschutzbericht erfahren hast, sich unter anderem „Linksextremisten“, welche offenbar sehr böse sind und in deiner Demokratie „nichts verloren haben“, an den Aktionen gegen den Neonaziaufmarsch beteiligen.

      Das ist natürlich ziemlich ärgerlich, dass sich diese Menschen dort einbringen, nimmt es doch aufrechten Demokrat_Innen wie dir quasi die Möglichkeit, sich an öffentlichen Protestaktionen zu beteiligen. Die Extremist_Innen lauern überall, da sollte man lieber zu hause bleiben!

      Namentlich nennst du zum Beispiel die Gruppen „Avanti – undogmatische Linke“, „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“, „Anarchist Federation“ und „Radikale Linke Lübeck“.

      Mit solchen Leuten kann ein stolzer Demokrat wie du es bist nicht demonstrieren! Egal ob anti-rassistisch oder rassistisch, egal ob links oder rechts, Extremist_Innen sind Extremist_Innen!

      Da der Verfassungsschutz offenbar seine demokratischen Pflichten verletzt hat und versäumt hat es dir zu sagen, muss ich es wohl tun: Die gefährlichen Extremistengruppen „Anarchist Federation“ und „Radikale Linke Lübeck“ existieren nicht mehr. Puh! Zwei Bedrohungen weniger!

      Außerdem kann ich dir zu deiner Beruhigung versichern, dass die Roten Khmer sich dieses Jahr nicht an den Aktivitäten gegen den Trauermarsch beteiligen werden.

      Rote Khmer… – wo wir gerade bei stark autoritären Parteistrukturen sind:

      Du berichtest, dass du letztes Jahr gezwungen wurdest, als FDP-Fraktionsvorsitzender in dieser demokratiegefährdenen Demonstration mit zulaufen.

      Das hat mich doch etwas schockiert. Mir ist natürlich durchaus bewusst, dass die FDP, nunja, alles andere als angenehm ist, aber dass sie ihre Mitglieder zwingt gegen ihre Überzeugung zu marschieren, ist wirklich sehr brutal. Gut, dass du den Ausstieg aus diesem Sumpf geschafft hast!

      Zu all den Skandalen kommt noch, dass wohl auch dieses Jahr die Organisationen, die dir „respektabel“ erscheinen, zum Beispiel die SPD oder die evangelischen Kirchenorganisationen, wieder einmal gemeinsam mit Avanti, dem Lübecker Bündnis gegen Rassismus, ..-ach, mit diesen Extremist_Innen halt-, auf die Straße gehen werden.

      Da bleibt wohl leider nur: Zu hause bleiben und zumindest die eigenen Vier Wände demokratisch sauber und extremismusfrei zu halten.

      Extrem nette Grüße
      Denkwerkstatt
      http://www.anarchieluebeck.blogsport.de

  3. „Radikale Linke Lübeck“, „Roter Stern Lübeck“ und “Anarchist Federation“…woher kommst du auf die Meinung das dies Gruppierungen sind „mit wenig demokratieverheißenden Namen“.

    • Zu diesem Beitrag hatte ich bereits am 25. Februar per Mail eine Stellungnahme eines Vorstandsmitgliedes des Vereins „Roter Stern Lübeck e.V.“ erhalten, übrigens löblicherweise mit vollem Absendernamen.

      Das besagte Schreiben hatte folgenden Wortlaut:

      „Sehr geehrter Herr Schalies,

      mein Name ist … .

      Ich habe in einem Ihrer Kommentare in der LN einen Verweis zur Demonstration gegen den Naziaufmarsch im März gelesen. Unter anderem geben Sie hier an ( unter anderem auf Ihrer Homepage ), das Sie nicht mit demonstrieren wollen, weil das Bündnis „Wir können sie stoppen!“ unter anderem mit, Zitat: „Vereine oder Gruppen mit wenig demokratieverheißenden Namen wie … „Roter Stern Lübeck“ … Zitatende, zusammenarbeitet.

      Ich protestiere hiermit gegen diese Einstufung des Roten Stern Lübecks.

      Der Rote Stern Lübeck ist ein Sportverein, keine politische Vereinigung, ich bitte Sie hier zu unsere Vereinssatzung zu lesen.

      Des weiteren möchte ich Sie hiermit bitten, den Namen Roter Stern Lübeck in dem Zusammenhang von der Hompage zu nehmen.

      Mit freundlichen Grüssen,

      Vorstandsmitglied des Roten Stern Lübeck“

      Ich habe folgendes geantwortet:

      „Sehr geehrter Herr …,

      ich halte den Namen Ihres Vereins nach wie vor für „wenig demokratieverheißend“, so wie ich aus Sicht eines Anhängers der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auch gegen einen Verein mit der (fiktiven“) Bezeichnung „Kraft durch Freude Lübeck e.V.“ entsprechende Vorbehalte hegen würde, mag dessen Satzung sich auch noch so unpolitisch geben.

      Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass ich keinerlei Anlass sehe, Ihrem Wunsch nach Entfernung Ihres Vereinsnamens von meiner Homepage nachzukommen. Wenn Sie es wünschen, werde ich aber gerne unseren Schriftwechsel auf meiner Webseite veröffentlichen. Auch können Sie gern die dortige Kommentierungsfunktion nutzen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Thomas Schalies“

    • Das sieht man ja am jährlichen Ergebnis der „Demo“.
      Weg mit diesen roten Staatsfeinden!

  4. In dieser alljährlichen sinnlosen Demo geht es den Beteiligten nicht einmal ansatzweise um Inhalte. Linke und rechte Extremisten erhalten ihre künstlich erschaffene Feindschaft und leben sie alljährlich aus. Erschreckend an dem ganzen Mumpitz ist die Tatsache, dass auch gemäßigte demokratische Parteien im Rahmen irgendwelcher Pseudo-Political-Correcness“ zu dieser Sinnlos-Demo aufrufen.

    Erfahrungsgemäß endet diese Demo stets in Gewalt, die hauptsächlich von den zahlenmäßig weit überlegenen Linksextremisten herrührt und der Steuerzahler muss die Schäden der „Spaßguierillas“ jedes Jahr aufkommen.

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